Donnerstag, 18. März 2010

Im Wasser

Der Sinn der Physiotherapie war auch, wie es der Herr Chefarzt gesagt hat, dass ich Gymnastik-Übungen lerne. Er riet mir, wie später auch die Therapeutin, mich in der Uni-Muckibude hinzulegen und regelmäßig leichte Übungen zu machen. Nun hat ein jahrelanges Außenseiterleben in der Schule mich in sofern sensibilisiert, das ich mich nicht da hin legen werde und mit der Bauchmuskulatur meine Beine hin und her wälze, während die Sissies unter den Sissies da noch tuscheln, was ich für eine Sissie bin.
Nein, Gewichte stemmen, Liegestütz oder Sit-ups machen meine Gelenke nicht mit, Aerobic machen meine Nerven nicht mit.
Meine Auswahl war in sofern eingeschränkt, aber bereit zu kapitulierten war ich nicht.
Welche maskulin-akzeptablen Sportarten sind die am wenigsten gelenkbelastenden?
Schwimmen und Rad fahren. Nun habe ich einen Fahrrad-Heimtrainer sogar in meinem Zimmer stehen, da mein großer Bruder den in seiner kleinen Bude nicht unterbringen kann. Die Idee, aber, einem Ziel entgegen zu radeln, dass es nur in einem winzigen LCD-Display gibt und mir dabei von einem Taschenrechner-Chip sagen lassen zu müssen, dass ich nicht in Form bin, hat mich noch nie wirklich angemacht. Ich verwende das Teil als Ständer für nicht benutzte Kabel, und wüsste auch nicht wohin sonst mit denen.
Nun hätte ich natürlich echte Radtouren unternehmen können, oder morgens mit dem Rad zur Uni fahren, aber das würde (jedenfalls am Anfang) bedeuten, dass ich deutlich früher aufstehen muss, und früh aufstehen mag ich etwa so gerne wie Blue Screens oder eine Mahlzeiten aus brennenden Scherben.
Schwimmen bot sich in sofern an, als dass es viel mit Technik zu tun hat, die ich relativ gut beherrsche. Es war so ziemlich der einzige Sport in der Schule, bei dem ich jedenfalls im Mittelfeld meiner mit Mitschüler gelandet bin.
Also entschließe ich mich fortan regelmäßig schwimmen zu gehen, und nicht so zu enden:

http://www.collegehumor.com/video:1923810

Montag, 15. März 2010

Exotische Liebesstellungen oder der Sinn der Fango-Packung

Nach einigen Monaten, das war so etwa Anfang Januar, hatte ich dann regelmäßig Termine bei einer Physiotherapeutin.

Wie jeder gute Workaholic verlege ich mein Leben so stark wie möglich in meine Arbeitsstätte, oder nicht mehr als 5 Minuten zu Fuß davon entfernt. Für Rückenkneter wird da keine Ausnahme gemacht.
Bei allem Zynismus, der jetzt folgen wird, muss ich doch sagen dass die Dame immer bemüht war und mir womöglich sogar geholfen hat.
Ich stand also irgendwann vor einem Laden, der scheinbar stolz die Aufschrift Trug "Praxis für Naturheilkunde und Krankengymnastik" - Man kombiniert also etwas worüber ich meine Zweifel habe mit etwas, dessen Wirkung ich von vorne herein ausschließe - um mein Vertrauen in ersteres zu erhöhen?
Ich biss mir ein paar Wochen lang auf die Zunge um nicht mit irgendeinem profitverderbendem Gequassel über "Doppel-Blind-Studien" oder "Placebo-Effekt" anzufangen.
Aber genug davon. Ich habe einen Provokanten Titel gewählt und sollte langsam zum Punkt kommen.
Als die Therapeutin zum ersten mal gesagt hat, sie wolle eine Fango-Packung machen, hatte ich tatsächlich gedacht, ich werde jetzt mit Vulkanschlamm bedeckt - eine Erfahrung die ich schon immer mal machen wollte, aber noch nie die richtige weibliche Begleitung für hatte. (Bist du 18-24, weiblich, gebildet, hübsch, aus Berlin und willst dreckig werden? - schreib mir - ganz ernst)
Nein - in der tektonisch stabilen norddeutschen Tiefebene besteht eine Fango-Packung aus einem aufgewärmten Gel-Kissen, dass die reizende Fachkraft einem auf die Hinterseite legt. Wehrendessen geht sie, für das dreifache von dem was ich, mit schlechtem Gewissen, verzweifelten Nachhilfestudentinnen für erstklassige Ausbildung in Algorithmisierung abziehe, nochmal eine Rauchen. Und das ist der Sinn der Fango Packung.
Das mit dem Rauchen ist natürlich pure Verleumdung. Nicht das mit dem Geld abziehen (von meiner Versicherung), sondern die Idee, dass die Frau etwas tut, was ihrer Konstitution schadet.
Sie war fit. Und zwar richtig. Sie hatte es auch ganz unironisch drauf mit dem Muskeln verdrehen, den ganzen Dehnübungen und so.
Und so plätscherte das dann so vor sich hin.
Die vorletzte Behandlung war in sofern noch erwähnenswert, als das er mir Anlass gegeben hat über die männliche Natur nachzudenken. Nämlich bei einer Dehnübung, die wohl auch der sicherlich überglückliche Freund der attraktiven Ende-20erin des öfteren zu sehen bekommt. Nur dann wohl mit weniger Klamotten an.
Wer noch Probleme hat sich was darunter vorzustellen: Es gibt wohl ein paar Muskeln irgendwo die man nur mit vollem Körpereinsatz dehnen kann. Übereinander. Ineinander verknotet. Wippend.
Ein schneller Gedanke an meine Urgroßmutter verhinderte hier peinlicheres.
Schließlich hat sie mir wohl aus versehen für 50€ mehr die "Fango Packung" auf den Rücken gelegt, als sie meiner Versicherung in Rechnung stellen kann und setzte meine hoffentlich flexibleren Beine samt durchgeknetetem Rücken dann endgültig vor die Tür.

Freitag, 26. Februar 2010

Diagnose

So sitze ich dann etwa eine Woche später im Flur vor dem Büro des Herrn Chefarzt. Beschweren kann ich mich nicht, denn erstens musste ich sowieso Strömungslehre lesen und zweitens bin ich zu spät gekommen.
Irgend wann dann werde ich rein gebeten.
"Ich kann ihnen mitteilen, dass Ihre Bandscheiben völlig in Ordnung sind".
Sehr stark und wenig abgenutzt seien sie sogar. Er zeigt mir die MRT-Aufnahmen (ja, das Bild da oben ist echt, und zeigt einen Schnitt durch meine Wirbelsäule).
Er erwähnt noch, dass ich einen Wirbel mehr habe als die meisten Leute.
Das Blutbild sei durchweg unauffällig. Der eine Wert außerhalb der Norm bedeute gar nichts.
Wieso also die Probleme? Nun ja, sagt er und ist auf einmal ungewohnt väterlich, die Wirbelsäule sei ein Organ, dass sehr sensibel auf Stress reagiere. Ich solle mich zurück nehmen.
Er wisse wie viel Stress man als Akademiker hat, meint aber es sei kein Grund sondern eine Ausrede sich nicht zu bewegen.
Ich nehme mir vor mich in meiner nächsten durchgemachten Nacht daran zu erinnern, dass ich es nur eine ausrede ist, um keinen Spaß haben zu können, schlucke meinen Zynismus aber schnell wieder runter.
"Chronisches Schmerzsyndrom der Wirbelsäule 10x Massage mit Krankengymnastik" Kann ich später, mit viel Phantasie, auf dem Zettel erkennen, den er mir in die Hand drückt.
Damit muss ich mir nun einen Physiotherapeuten suchen.
Wenn das durch ist solle ich mit Übungen anfangen, aber nichts was die Gelenke zu sehr belastet, also auf keinen Fall Liegestütze.
Er verabschiedet mich herzlich. Wenn er noch was über weitere Termine bei Ihm gesagt hat, habe ich es vergessen.
Das Krankenhaus liegt am Rande eines Parks, dem Friedrichshain. Ich nehme den falschen Ausgang und lande im Park. Ich beschließe über das gesagt nachzudenken und ein bisschen Spazieren zu gehen, und verdränge die anrückende Abgabe meines Konstruktionsprojekts.
Irgendwie habe ich gehofft, dass es die Art Leiden ist, bei der er mir Pillen verschreibt, die ich dann ein paar Wochen lang nehme und dann ist wieder alles gut.
Ein wenig skeptisch bin ich schon.
Ich tröste mich damit, dass wenn es irgend ein Hawking-Syndrom im frühen Stadium ist, seine Kunstfehlerversicherung mich reich machen wird.
Bei dem Denkmal der Gefallenen der Revolution von 1848 mache ich halt und ziehe meinen Hut. Ein paar Helden hat dieses Land dann doch.
Dann denke ich wieder über Konstruktion nach, über die Gießbarkeit von Pumpengehäusen.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Es tat einen Schlag

*bum* *bum* *bum* "nicht erschrecken, das Tablett fährt wieder" *tzzzzzzz* *bum* *bum* *bum* *bum*
Sportlich war ich noch nie. In der Schule wird man ja immerhin 2 mal die Woche auf Trab gebracht. Das macht wohl mehr aus, als man erst denkt. Obwohl ich es eher ungern selbst tue, kann man mich wohl als Stubenhocker bezeichnen. Abi vorbei, zu schmächtig (und wohl zu Frech) für den Bund, dann ging's an die Uni, und mit der Fitness noch weiter runter.
*bum* *bum* *bum* *bum*
Ich bin nicht fett, laut B/M-I auch nicht mal über- oder untergewichtig. Der Index ist hier aber auch nicht hilfreich: Muskeln wiegen ja schließlich mehr als Fett.
*bum* *bum*
Im 4. Semester fing es an. Der Ehrgeiz hatte mich gepackt und wollte mit großen Schritten Richtung Bachelor, das Semester auf 40 LP ausgelegt. Kurz gesagt, habe ich da den Aufwand vom einigen Fächern unterschätzt. Keine freien Samstage, geschweige denn Sonntage. 14-Stunden-Tage, durchgemachte Nächte und am Ende magere 12 LP, 6 davon mit mehr Wohlwollen als Können.
In dieser Zeit tat es einen Schlag. *bum*
Ich komme Nachts nach Hause, stopfe mir die Zahnbürste ins Maul, beuge mich übers Becken und *knacks*, der Rücken, direkt über der Hüfte, als wäre drinnen irgend etwas eingequetscht.
Ich halte mir eine Hand dran und richte mich auf. Ich schrubbe weiter. Es fühlt sich an, als würde es gleich weg gehen, tut es aber nicht. Nicht an dem Abend, nicht am nächsten Morgen, am übernächsten Abend ist es fast wieder gut.
*bum* *bum* *bum*
Bin ich zum Arzt gegangen? Ja, aber erst viel später. Zu diesem Zeitpunkt musste ich in 3 Fächern die Hausaufgaben so ziemlich alleine machen, also für insgesamt 9 Leute.
In Stochastik wurde mir die Reinschrift von einem immerhin bemühten Mädchen abgenommen. Person nr. 3 war schon am Anfang abgesprungen.
In Differentialgleichungen war ein Mädchen mehr mit der Organisation der Revolution in ihrer iranischen Heimat beschäftigt, das andere konnte nur einen stummen Hundeblick, wenn man sie auf Hausaufgaben angesprochen hat - aber was für einen.
Konstruktion II war sowieso eine Katastrophe, aber daran war ich nicht unschuldig.
- genug von meinem Studium, darum geht es hier nicht -
*bum* *bum* *bum*
Es war nicht das erste mal, dass ich Probleme mir Gelenken hatte. Als Kind lag ich mit "Cogitis Fugax", das ist in der Hüfte, im Krankenhaus. Hin und wieder hat die mal wieder etwas Ärger gemacht. Dann, als mein Sportlehrer mich bewegt hatte täglich Liegestütz zu machen gab es nach einer Weile Ärger mit den Schultern. Der Chirurg von um die Ecke meinte darauf "immer kräftig weitermachen".
Ein Ratschlag der meine Meinung von ihm nachhaltig beeinflusst hat, und das nicht zum positiven. Das anfängliche Knacken bei jedem Liegestütz wurde lauter, dann schmerzhaft, und schließlich habe ich beides aufgegeben, den Arzt und die Turnübung. Zurück in den täglichen Trott.
Entschuldigung, dass ich hier ein wenig ausholen musste aber ohne die letzten 5 Absätze wäre das nächste nicht verständlich.
*bum* *bum* *bum* *bum*
Mein Kreuz.
Nicht nur knackste es, mal schlimmer, mal weniger, jetzt alle Nase lang. Es kamen auch gelegentlich Knie und die alten Freunde Hüfte und Schulter dazu.
21 Jahre und mein Körper fällt auseinander.
Endlich Semesterferien. Ich hatte Zeit hin und wieder auch mal nicht über die Uni nach zu denken. Ich ließ mir einen Termin bei dem Arzt meines Vertrauens geben. Der hat vor 10 Jahren mein Bein nach einem komplizierten Bruch wieder zusammengepuzzlet. Hätte er nicht auf die OP bestanden - ... naja, es soll ja heutzutage schöne Prothesen geben.
Der Haken? Er ist Chefarzt.
Doch ich hatte Glück: Mein Termin war schon Mitte nächsten Semesters. Ein paar schlappe Monate in der Zukunft also.
*bum* *bum* *bum* *bum* *bum*
Dann irgendwann saß ich vor Ihm. Nach ein paar Minuten drücken, fühlen und dehnen war er erst mal fertig. Gesagt hat er wenig, keine Diagnose, nichts in der Richtung. Nur mit ernster Miene angeguckt hat er mich. Mulmig wird einem da. Aber richtig.
Halbe Sachen macht der Herr Chefarzt aber nicht.
Ich solle in einer Woche nochmal wiederkommen. Inzwischen möge ich mich von der Frau Sekretärin auf die Station begleiten lassen, damit mir Blut abgenommen werden kann. Der Vampir im Krankenhauskeller verdurstete an dem Tag nicht.
Und zum MRT solle ich. Er brauche ein Bild der gesamten Wirbelsäule.

Ein paar Tage drauf liege ich in der Röhre
*bum* *bum* *bum*
"So wir sind fertig"



In diesem Blog will ich die wahren Begebenheiten schildern, die mich gerade aktuell beschäftigen. In der Gegenwart kommt der Blog erst in ein Paar Kapiteln an. Dann wird auch ersichtlich warum ich ihn schreibe. Ich würde mir ein paar Kommentare wünschen. Das schreiben ist zeitaufwändig, und zu tun hab ich immer noch genug. Zwar schreibe ich auch für mich selbst, aber nur mit einer leeren Wand reden macht einfach keinen Spaß.
Wer Rechtschreibfehler oder Grammatikfehler findet darf sie entweder behalten oder mir mitteilen, dass sie zeitnah behoben werden.